Lang vor dem Morgengrauen des 14.12. machte ich mich mit Andi Tiefenbach und einer Flasche Kaffee auf nach Wien, wo C. Roland am Vortag eine Schwalbenmöwe (Xema sabini) entdeckt hatte. Es handelt sich dabei um den erst fünften Nachweis dieser vorwiegend im arktischen Nordamerika beheimateten Art in Österreich (Ranner & Khil 2011), wobei der vierte ebenfalls heuer erfolgte und noch nicht von der AFK behandelt wurde.
Der edle Gast übernachtete am 13.12. stilsicher in der Wiener Hauptkläranlage auf der Simmeringer Haide, wo wir ihn bei unserer Ankunft aber erwartungsgemäß nicht auffinden konnten – der Großteil der Möwen war bereits in der Dämmerung vom Schlafplatz abgeflogen. Schwalbenmöwen überwintern auf hoher See im Atlantik und Pazifik, weshalb wir unsere Suche auf die größte Wasserfläche in direkter Nähe, den Strom der Donau, konzentrierten. Kontrollen der wenigen Möwen-Trupps an der Alberner Schotterbank und im Stauraum des Kraftwerks Freudenau waren erfolglos, die Möwen aber in ständiger Bewegung. Gegen Mittag erreichte uns die Meldung von W. Trimmel, der die Möwe an der kurz zuvor kontrollierten Schotterbank flussaufwärts abfliegen gesehen hatte. Fünf Minuten später musterten wir erneut erfolglos die Möwen in Freudenau durch. Wir waren uns aber bewusst, dass der scheinbar sehr mobilen Schwalbenmöwe die geradezu endlose Fließstrecke der Donau zu Verfügung stand und die Chancen sie hier zu finden ungewiss, jedenfalls nicht zu überschätzen waren. Deshalb verließen wir uns darauf, den Vogel später unter den einfliegenden Möwen am Schlafplatz zu entdecken.

Dort nahmen wir die Suche gegen 15:00 Uhr wieder auf, die Zeichen standen aber schlecht. Die erlaubte Besuchszeit am Gelände der Kläranlage war auf eine Stunde begrenzt, es war aber erst ein winziger Bruchteil der Möwen eingeflogen, jede Sekunde wurden es mehr. Wir nutzten die wertvolle Zeit und checkten die Lachmöwen in den Klärbecken, bis die Ferngläser glühten. Zehn Minuten vor Ablaufen der gewährten Beobachtungszeit waren wir kurz davor, enttäuscht zu resignieren. Ich meinte zu Andi noch, dass es das wohl gewesen war, wir den Vogel unglücklich um ein paar Minuten verpasst hatten. Mein nächster Blick fiel wieder auf die etwa 50 Möwen, die im Klärbecken direkt neben meinem Wagen, etwa 5-10 Meter entfernt schwammen und begeistert in den Fäkalien herumpickten. Da war sie. Mein Puls stieg in Bereiche jenseits von gut und böse und ich war zu einer maximal mittelmäßigen Lage-Beschreibung für Andi fähig, der die Möwe aber glücklicherweise trotz meines Gestammels finden konnte. W. Trimmel und M. Staufer auf der anderen Seite des Beckens wurden verständigt und ein paar Belegfotos (leider unter widrigsten Lichtverhältnissen) angefertigt. Bald erreichte der bewegliche Rechen des Klärbeckens die Stelle und die Möwen flogen auf. Pünktlich als die Stunde um war konnten wir so doch noch zufrieden die „größte Kläranlage Europas“ verlassen.
Wie sich am Abend herausstellte, ist der Vogel stahlberingt! Eine Ringablesung einer nearktischen Möwe in Österreich wäre sensationell und man darf sich wohl darauf verlassen, dass die Wiener „ring-reader“-Gemeinde alles daran setzen wird, den Code zu knacken.
Herzlicher Dank gilt an dieser Stelle den Zuständigen der EBSwien Hauptkläranlage, die ein Beobachten am Betriebsgelände ermöglichten!
Die weiteren Beobachtungen dieses Tages umfassten u.a. vier Samtenten im Staubereich des Kraftwerks Freudenau.
Ranner, A. & L. Khil (2011): Nachweise seltener und bemerkenswerter Vogelarten in Österreich 2007-2009. Sechster Bericht der Avifaunistischen Kommission von BirdLife Österreich. Egretta 52: 13-32.